Tag 33 - Von Tallinn nach Narva - Letzter Stopp vor Russland

Wednesday, 20. September 2023

Tag 33 - Von Tallinn nach Narva - Letzter Stopp vor Russland

Heute geht es von Tallinn aus mit dem Zug nach Narva - Estland’s drittgrösste und östlichste Stadt, direkt an der russischen Grenze gelegen. Letzte Möglichkeit noch einmal kräftig Bargeld abzuheben und mich auf Russland und St. Petersburg vorzubereiten.


Bis zum heutigen Morgen lasse ich meine Reiseroute nach Russland offen. Zwei mögliche Wege ergeben sich für mich von Tallinn aus. Die Nordroute: Mit der Fähre nach Helsinki, dann weiter über Oulu, Rovaniemi, Inari im finnischen Lappland bis ganz in den hohen Norden Norwegens nach Kirkenes - Luftlinie 1200 km, gefahrene Stecke 1500 km, Reisezeit mit öffentlichen Verkehrsmittelnvon: 2 Tage. Von Kirkenes aus würde dann die Einreise nach Murmansk erfolgen. Oder die Ostroute: Von Tallinn über Narva nach St. Petersburg - ca. 400 km und nur 7 Stunden Busfahrt.

Vorerst entscheide ich mich für die kürzere Strecke, die über Narva nach St. Petersburg führt, behalte Murmansk allerdings im Hinterkopf, da es auf mich einen sehr starken Reiz ausübt.

Frühstucksbuffet im Rija Old Town Hotel

Das Frühstücksbuffet im Rija Old Town Hotel ist reichhaltig. Hier und da höre ich Gäste, die sich auf deutsch unterhalten, wie bereits zuvor auf der Strasse. Es scheint ein beliebtes Reiseziel von Deutschen des gehoberen Alters zu sein. Früher lebten in Tallinn, zu deutsch “Reval”, einmal Deutsche, ähnlich wie dies auch in anderen baltischen Städten, wie z.B. Danzig, Königsberg (Kaliningrad), Riga, Windau (Ventspils), Memeln (Kleipeda) der Fall war. Zudem war die Amtssprache in Tallinn bis 1889 Deutsch.

Zwar ist das Frühstücksbuffet durchaus reichhaltig und die Servicekräfte sehr freundlich, doch irgendwie wirkt es auf mich billig und wenig kreativ. Oliven aus der Dose, Pilze aus der Dose, saure Gurken aus der Dose - wahrscheinlich zum minimaler Preis vom Discounter. Perfekt für den deutschen Urlauber - da fühlt er sich ganz heimisch. Doch wer in Polen mal ein Buffet erlebt hat wird enttäuscht sein. Ich errinnere mich da sehr gerne an ein Buffet im Hotel Piast in Breslau, als ich mit Majid im Jahre 2021 unterwegs war. Dort gab es gefühlt hundert verschiedene Pasteten, handgemachte Salate und vieles mehr.

Die Kaffeemaschine Dr. coffee weckt zudem instinktiv böse Errinnerungen in mir an einen Hotelaufenthalt. Wo genau das war kann ich leider nicht mehr sagen, zu lang ist bereits die Liste meiner Hotelaufenthalte der letzten Jahre. Jedenfalls bildeten sich damals in diesem Hotel an just dieser einen Kaffeemaschine des Typs Dr. coffee eine lange Schlange. Zudem holte eine junge Dame gleich für zwei ihrer Freunde Kaffee. Und so dauerte es gefühlt 10 Minuten bis ich meinen ersten Kaffee bekam. Die gleiche Prozedur ereignete sich dann bei der zweiten Tasse Kaffee. Lustigerweise fanden sich dabei genau die gleichen Personen in der Schlange wieder. Für mich unverständlich warum man nicht einfach zwei Kannen mit Brühkaffee hinstellt. Das ist schnell zu kochen und schmeckt doch eh viel besser - mir zumindest.

Strömender Regen am Bahnhof in Tallinn

Da es seit gestern Abend in Tallinn regnet, hoffe ich bis zuletzt auf besseres Wetter. Schliesslich ist der Checkout um 12:00 Uhr und mein Zug nach Narva fährt erst um 13:15 Uhr nur 900 Meter entfernt von meinem Hotel ab. Doch trotz Jack-Wolfskin Regenjacke wäre diese Strecke zu Fuss zu weit, um bei diesem strömenden Regen nicht total durchnässt zu werden. Ein Regenschirm wäre jetzt praktisch!

Doch es hört und hört einfach nicht auf zu regnen! So ziehe ich entschlossen eine kurze Hose an - hier ist weniger Stoff der nass werden kann. Die Alternative wäre, ein Taxi zu nehmen. Und als ich dann in kurzer Hose vor dem Hotel stehe, entscheide ich mich genau hierfür und bestelle ein Taxi über die Bolt App.

Am Bahnhof habe ich noch eine Stunde Zeit bis mein Zug abfährt. Das Ticket kostet ca. 12 EUR und die Fahrt dauert knapp drei Stunden. Gegen 16:00 Uhr erreiche ich den wenig spektakulären Bahnhof von Narva und bin froh, dass es nun nicht mehr regnet. Jetzt noch eine halbe Stunde Fussmarsch und ich erreiche meine Unterkunft. Der Weg ist wenig schmucklos und so denke ich, Narva sei keine besonders schöne Stadt. Dass Narva hingegen eine wunderschöne Burganlage hat, mit Blick auf die Burg der russischen Stadt Ivangorod auf der anderen Seite des Flusses, entgeht mir so. Morgen werde ich mich darüber aufregen.

Der Bahnhof in Narva

Meine Unterkunft - Kangelaste Appartments 2 - liegt in einem Gebiet der Stadt, in dem auch das eine oder andere Einkaufszentrum zu finden ist. Und natürlich gibt es hier auch viele Wohnanlagen. Die Unterkunft besteht aus einem riesigen Aufenthaltsraum, ausgestattet mit Terrarien, Vogelkäfigen und Sitzgelegenheiten. An diesen Raum grenzen die einzenen Appartments oder Zimmer. Alles ist sehr sauber und mein Zimmer ist mit allen notwendigen Utensilien ausgestattet: Kühlschrank, Mikrowelle, Föhn, Bademäntel, Dusche, WC, ein paar Süssigkeiten, Teebeutel und Instantkaffee. Sogar Teller, Besteck und Putzschwamm sind zu finden. Man merkt sofort, hier hat jemand einfach an alles gedacht. Ab und zu wohne ich für ein oder zwei Tage in einem wunderschönen Appartment, und manchmal gibt es da eine tolle Kaffeemaschine und Küche, aber kein Kaffeepulver oder Öl. Für mich als “Rucksackreisender” ist das dann immer total nervig.

Meine Unterkunft in Narva

Nachdem ich meine Kaffeesucht durch eine Tüte Instantkaffee besänftigt habe, brauche ich noch etwas um meinen Hunger zu stillen. Doch zuvor klopft es an meiner Tür und der Sicherheitsmann des Gebäudes fragt mich freundlich nach meinen Namen. Das vermittelt mir sofort ein Gefühl der Sicherheit. Um nun meinen Hunger zu stillen spaziere ich in das nahegelegene Einkaufszentrum und besuche dort den Narva Diner - ein Burgerladen im amerikanischen Stil. Ich wähle irgendeinen Burger mit Pommes. Der Burger wird ohne Besteck serviert, dafür mit Einweg-Handschuhen, die ich jedoch nicht benutze. Gesättigt versuche ich noch mein Glück im angrenzende Frisörladen, doch leider hat dieser keinen Termin mehr frei für heute und so kommt Estland nicht auf meine Liste der Länder, in denen ich beim Frisör gewesen bin.

Narva Diner

Anschliessend besuche ich einen Supermarkt, in dem ich mich für das morgige Frühstück eindecke. Nachdem ich nochmals 500 EUR an Bargeld abgehoben habe geht es bereits wieder zurück in meine Unterkunft, denn ich muss noch den morgigen Tag planen: Das Busticket nach St. Petersburg sowie ein Hotel. Da ich bei meiner Ankunft in Russland kein Internet haben werde, so muss ich zudem den Weg zum Hotel oder Hostel vorab genau planen.

Die Nacht ist etwas unruhig, da vor meiner Unterkunft ein paar Jungs mit ihren Motorrädern ihr Unwesen treiben. Nun - wir alle waren einmal jung oder sind es immer noch.