Tag 2 - Odysee von Düsseldorf nach Hamburg

Sunday, 20. August 2023

Tag 2 - Odysee von Düsseldorf nach Hamburg

Nach durchzechter Nacht mit Mehdi und Mohammed steht heute die Weiterfahrt zu Mohsen Gilak nach Hamburg an - mit dem Deutschland-Ticket eine Odysee wie sich später herausstellen wird. Doch zuerst wird gemütlich mit Mehdi gefrühstückt und anschliessend treffe ich mich noch mit Sir Majid im vietnamesischen Café VND.


Als wir nachts gegen 2:00 Uhr nach Hause kommen gibt uns Mohammed noch 2-3 Decken mit. Davon schnappe ich mir eine und beziehe damit das Bett. So habe ich wenigstens eine saubere Liegefläche. Da es ziemlich warm ist, brauche ich keine Zudecke - Unterhose genügt. Mehdi macht es sich hingegen auf dem Boden “bequem”, zwischen all dem Unrat. Da mein Bett erstaunlicherweise sehr bequem ist schlafe ich unverzüglich ein.

Da wir am Vorabend nicht mehr einkaufen waren - der Kühlschrank ist leer - gehen wir kurzerhand frühstücken. Ich suche das Koofee aus - eine gute Wahl. Die Bedienung ist super freundlich und das Essen top.

Frühstück im Koofee mit Mehdi

Dann verlasse ich Mehdi wehmühtig. Eigentlich wäre noch eine weitere Nacht in Düsseldorf eingeplant, aber die “Wohnverhältnisse” lassen mich ungern verweilen. Doch bevor ich Düsseldorf verlasse treffe ich mich mit Majid im VND - einem vietnamesischen Café. Majid, er stammt aus dem Iran, kenne ich ebenfalls aus dem Wohnheim. Er ist Architekt und liebt das Reisen genauso wie ich. 2021 sind wir zusammen von Katowitz aus in Polen über Krakau, Breslau, Ostrava, Troppau und Prag bis nach Wien gereist. 2017 waren wir zusammen in Lissabon und Porto. Majid empfiehlt mir den eisgekühlten Haselnuss-Kaffee und der ist wirklich sehr lecker.

Mit Majid im Café VND

Weiterfahrt nach Hamburg

Um 14:54 nehme ich den Regional Express RE 6 nach Minden (Westfahlen). Geplane Ankunftszeit 16:13. Doch schon nach kurzer Fahrt, der erste unplanmässige Halt auf offener Strecke. Das wird sich bis nach Hamm (Westfahlen) so fortsetzen. In Unna werden wir, die Passagiere, auf die Probe gestellt. Hier geht gar nichts mehr! Die Online-Auskunft der Deutschen Bahn ist auch überfordert. Von Unbefugte Personen auf der Strecke, Verspätete Bereitstellung des Zuges, Verspätung eines vorrausfahrenden Zuges, Vorfahrt eines anderen Zuges, Verspätetes Personal aus voheriger Fahrt ist heute jede Meldung dabei. Der Grund hierfür liegt wohl an einem Problem des Stellwerks zwischen Unna und Bielefeld, sodass sich alle Züge ein einziges Gleis teilen müssen - im Ruhrpott - Deutschland’s Ballungsgebiet Nummer 1.

In Unna, der Zug hat bereits 2 Stunden Verspätung, ertönt folgende Durchsage: “Geplante Ankunft in Bielefeld - 16:13 Uhr, geschätzte Ankunft - 17:58 Uhr”. Dies wird um 18:05 Uhr durchgesagt, was für einiges an Gelächter sorgt. Der Schaffner hingegen tut mir wirklich leid, seine Stimme lässt vermuten, dass er mindestens genauso mitleidet wie wir.

Dann die Krönung: Unser Zug steht bereits seit einer gefühlten Stunde in Unna, als der eine Stunde darauffolgende Zug derselben Linie (RE 6) an uns vorbeifährt. Doch, als es bei uns wenige Minuten später weiter geht, merken wir, dass der uns vermeintlich überholende Zug nur “geparkt” wurde, da sich hier eben alle Züge stauen. Kaum geht es ein paar Meter weiter so halten wir auch schon wieder an. Daraufhin lautstark “Och nee, was ist das denn für eine Witzfahrt” - O-Ton eines Mitreisenden.

Als wir Hamm (Westfahlen) erreichen, entscheide ich mich für den Kauf eines ICE-Tickets, dass mich laut Auskunft in weniger als drei Stunden bis um 21:00 Uhr nach Hamburg bringen soll. Eine Fehlinformation, wie ich um 60 EUR leichter dann im Zug erfahren werde. Dort bemerke ich, dass ich in Hannover zum Umsteigen genau 0 Minuten haben werde - eine präzisere Angabe wäre hingegen Minus 24 Minuten gewesen. Der ICE, der über Hannover nach Berlin-Ostbahnhof fährt, hat bereits eine Verspätung von ca. 180 Minuten, und für uns Neuhinzugestiegenen gibt es natürlich nur billige Stehplätze. Der Bahnsteward verteilt kleines Knabbergebäck mit der Aufschrift “DB Lieblingsgast” und ist Bahn-typisch sehr freundlich. Die Stimmung unter den Passagieren ist ausgelassen - kein Meckern ist zu hören. Nun, für die meisten bedeutet diese Fahrt, dass sie den Kaufpreis erstattet bekommen.

Da ich vor der Toilette, unweit des DB-Restaurants, meinen Stehplatz gefunden habe, und diesen verteidige, bin ich sozusagen der Toiletten-Wart. Eine Japanerin traut sich nicht in die Toilette, da sie denkt, diese sei besetzt. Ich helfe ihr! Später kommt ein sichtlich angetrunkener junger Mann mit einer Flasche Bier in der Hand, und er schafft es nicht, die Schliessvorrichtung der Toilette zu bedienen. So muss ich ihm helfen. Zugegebenermassen ist das Abschliessen der Toilette bereits im nüchternen Zustand nicht ganz leicht - so vergisst eine ältere Dame das Abschliessen… und wird bei was auch immer von einem Herren ertappt :)

Wenig später dann kommt eine blinde Passagierin mit Blindenstock durch den engen und überfüllten Gang spaziert. Respekt! Der zuvorkommende Steward sieht das und fragt ob er ihr helfen könne, doch die Blinde Frau schreit ihm nur ein unfreundliches “Aus dem Weg!” entgegen. Tja, manchen Leuten kann man halt auch nicht helfen.

Zugfahrt Richtung Hamburg

Um 20:00 Uhr erreichen wir Hannover. Hier habe ich die Qual der Wahl: Lieber den ICE nach Rostock nehmen, der hat “nur” 15 Minuten Verspätung, oder den ICE nach Hamburg-Altona. Ich wähle den ICE nach Hamburg-Altona. Eine Gute Wahl! Der Zug ist klimatisiert, leer, bequem, zudem pünktlich und das Beste ist - er hält direkt am Dammtor in Hamburg. Hier werde ich Mohsen treffen.

Mohsen habe ich damals (2010 oder 2011) in Gorgan im Iran über Couchsurfing kennengelernt, als ich von Tadschikistan ausgehend, über Usbekistan und Turkmenistan in den Iran gereist bin. Ihn hab ich später nochmal mit dem Motorrad besucht (2014). Er war meine zweite Couchsurfing-Erfahrung im Iran und wir sind seitdem dicke Freunde geblieben.

Ankunft in Hamburg Dammtor

Gegen 21:45 Uhr erreiche ich schliesslich Hamburg Dammtor. Das Cinemaxx-Kino, vor dem Mohsen auf mich wartet, befindet sich gegenüber auf der anderen Strassenseite. Oben von der Brücke herab kann ich ihn schon erkennen, wie er ahnungslos mit seiner Frau telefoniert. Gekonnt schleiche ich mich von hinten an ihn heran und erschrecke ihn :). Dann gehen wir Pommes essen, ich zumindest, und während Mohsen seinen Sohn Nima vom Kino abholt, nutze ich die Gelegenheit um mit der ukrainischen Bedienung zu flirten. Ein langer Reisetag geht nun zuende und ich freue mich auf Hamburg!